In diesem Beitrag soll es um eine Masterarbeit gehen, welche den Aspekt der Textilkunst in dem Studiengang Textilkunst/Textildesign an der AKS besonders hervorhebt. Entstanden ist eine Reihe textiler Bilder, welche besonders symbolisch und emotionsgeladen einen sehr persönlichen Aspekt meiner Identität als Künstlerin reflektiert.

Mein halbes Leben lang schaue ich immer wieder in Richtung Osten.
Zu einem Land auf der anderen Seite unserer Erde, mit welchem ich mich stark verbunden fühle. Ein Ort der mich nicht mehr los lässt. Ich entwickelte vor langer Zeit eine starke Leidenschaft für das Land und die Kultur Japans, eine Leidenschaft, die nicht nur eine flüchtige Phase in meiner Jugend war, sondern die mich bis heute begleitet und mittlerweile zu einem Teil meiner Identität geworden ist. Das Wort Identität übersetzt sich im Japanischen zu mimoto (身元) und ist zu dem Titel meiner Masterarbeit geworden. Denn hierbei geht es um meine eigene Identität, geprägt nicht nur durch eine deutsche Nationalität und Erziehung, sondern auch durch das starke Interesse für die japanische Kultur.

satori – Masterarbeit @Victoria Münter
tengu – Masterarbeit @Victoria Münter

Die Arbeit an diesem Projekt begann mit einer Reise, eine Reise knapp 4 Wochen quer durch Japan, alleine und mit einem großen Ziel: meine bisher nur aus der Ferne ausgelebte Leidenschaft endlich auf eine weitere Ebene zu bringen und selbst japanische Luft zu schmecken, mit der Absicht, dadurch ein konkretes Thema für meine Masterarbeit zu finden (welche sich von Anfang an mit meiner Affinität zur japanischen Kultur beschäftigen sollte). Viele aufregende (sowohl positive als auch negative) Erlebnisse und tausend Gedanken später wurde mir bewusst, dass ich unmöglich einen kleinen Aspekt dieser ganzen Thematik herauspicken konnte um diesen in meinem bisher umfangreichsten kreativen Projekt aufzugreifen. Ich entschied mich also dazu mehr oder weniger das große Ganze zu thematisieren und meine Beziehung zu Japan künstlerisch zu reflektieren.

nagare – Masterarbeit @Victoria Münter
akiba – Masterarbeit @Victoria Münter

In Hinblick auf meine vergangenen Arbeiten im Bereich Textildesign und Textilkunst, schien es für mich natürlich, textile Techniken als Ausdrucksform zu nutzen und diese in eine ungegenständliche Formsprache einzubetten. Auf Grund der Thematik entschied ich mich für drei sehr alte, traditionelle japanische Techniken. Ich erlernte Suminagashi, das Marmorieren, Sashiko, das Sticken und Shibori, das Färben, passte deren Materialität und auch Farbgebung an, um sie in eigene, zeitgenössische Bilder einbetten zu können. Mit Hilfe dieser Techniken, einem assoziativ erarbeiteten Farbschema und einer von mir im Prozess entwickelten künstlerischen Handschrift, bestehend aus einer geometrischen Ordnung, Rastern und reinen Farbflächen, sind zehn ausdrucksstarke textile Bilder mit einer starken Symbolik entstanden, welche mit dem Kontrast zwischen organischen Bewegungen und klaren Formen und Linien spielen.

Schlussendlich reflektiert die Bildreihe sowohl konkrete Erlebnisse und Erfahrungen mit der japanischen Kultur, aber auch Gefühle und Gedanken und soll die Vielschichtigkeit der Identität eines Menschen visualisieren.

saku – Masterarbeit @Victoria Münter
tsuki – Masterarbeit @Victoria Münter

Die Bearbeitung dieser Thematik war ein äußerst persönlicher Prozess. Es erfordert Offenheit und Bereitschaft sich selbst zu hinterfragen, zu identifizieren was einen zu dem Menschen macht der man ist, wohin es einen zieht, was einen begeistert. Ich denke, dass jede Leidenschaft mit der man sich intensiv und mit Begeisterung beschäftigt, ein Teil der eigenen Persönlichkeit, der eigenen Identität ist, genauso wie sich in der Identität des Menschen mehrere Kulturen vereinen können.

 

Berge von Yoshino –
seit ich eure Blütenwipfel
zum ersten Mal erblickt,
fühl ich, dass mir Herz und Leib
nicht mehr ganz beisammen sind
Saigyō

 

Autorin: Victoria Münter
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