Ausgangspunkt für das Projekt ORA ist die Annahme, dass wir zunehmend in einer Welt leben, die von immer kürzeren Intervallen und Aktualitätsspannen geprägt ist. Wir haben das Gefühl immer weniger Zeit zu haben, wo wir uns doch mit immer neuen Zeitspaargeräten umgeben. Dauerhaftigkeit, Stabilität, oder auch Tradition und Geschichte, als Zeitstrukturen, werden durch eine instantane, von radikalem Zerfall bedrohte, neue Zeit verdrängt. ORA kann als eine Harmonisierung von künstlicher Digitalzeit und natürlicher Lebenszeit gesehen werden.

Im Vordergrund steht der Gedanke, der Zeit durch einen gewissen Reifeprozess, eine neue Qualität oder Tiefe zu verleihen. Ganz bildhaft zeigt sich dieser Reifeprozess am Objekt. Erst durch die Verwitterung und eine voranschreitende Erosion entsteht die Funktion einer Zeitanzeige. Die Uhr wird durch die Zeit erst zur Uhr, wird gleichsam von dieser geformt. Durch das regelmäßige Nachfüllen des Wassers, was dem Aufziehen einer Pendeluhr gleicht, wird der Nutzer als Initiator in den Prozess der Vergänglichkeit involviert, um dessen beständige Qualitäten zu erkennen.

Vergänglichkeit als heute eher negativ konnotiertes Phänomen wird zur Bedingung einer sprechenden Daseinsform und einer sinnvollen, funktionalen Existenz. Sie erlaubt uns den Blick in die Vergangenheit, einer Zeitform, aus welcher wir unser Wissen beziehen und die sich, durch ihre Einschreibung in unserer Umwelt, lesen lässt, wie eine Geschichte.

Autor: Lukas Schilling
Gepostet in Holz