Mit Schnitzwerkzeug im Anschlag und Papier im Skizzenblock stürzten wir uns in das 6. Semester, in der Fachrichtung Holzgestaltung. Im Rahmen der Semesteraufgabe „Timetraveler with a chisel“ und in Kooperation mit der bosnischen Firma Zanat entstanden Vollholzmöbel und Accessoires für den Wohnbereich.
Zanat ist ein renommierter Möbelhersteller für Massivholzmöbel in der bosnischen Stadt Konjic. Ihr Alleinstellungsmerkmal sind handgefertigte Schnitzereien, welche sich über alle Möbel und Wohnaccessoires erstrecken. Durch die Ästhetik in jedem Objekt, dem damit verbundenen handwerklichen Aufwand, der familiären Historie und der weltbekannten Designdirektorin Monika Förster, hat das Unternehmen seit Entstehung 2015 einen unglaublichen Erfolg.
Unsere Aufgabe bestand darin, durch Raum und Zeit zu reisen. Im Gepäck: das Schnitzeisen und handwerkliche Leidenschaft. Das Ziel, ein Objekt zu entwerfen, welches Raum und Zeit durchdringt und in seinem Wesen die Stadt Schneeberg (Deutschland) und Konjic (Bosnien) vereint. Beide Orte sind auf ihre eigene Art durch ihre Vergangenheit geprägt. Wir Studierende haben uns von Tradition, aber auch dem Zeitgenössischen inspirieren lassen.
Hauptbestandteil des Gestaltungsprozesses war die intensive Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Schnitztechniken und ihrer Wirkung auf Objekten. Neben der technischen Umsetzung ging die Aufgabe in ihrer eigenen Metaebene an die erzählerische Substanz. Plötzlich wurde ein Möbel Transportmittel von Zeit, Raum und Emotion.
leaf – die Uhr, mit der man die Zeit vergisst. (Slideshow)
leaf funktioniert nach dem Einzeigerprinzip und bildet einen ganzen Tag, sprich 24 Stunden ab. Die Lesbarkeit der Uhr wird mittels Schnitzereien verdeutlicht, welche die Form eines Blattes aufweisen. Diese Blattform variiert in ihrer Größe und beschreibt ein sich Entfalten und Schließen. Dieser Rhythmus symbolisiert den Verlauf eines gesamten Tages. Dabei beschreibt der helle Bereich die Uhrzeit von 6.00 Uhr – 18.00 Uhr – folglich beginnt der Tag links und setzt sich im Uhrzeigersinn bis zum dunklen Bereich fort. Dieser vermittelt dann die Zeit von 18.00 Uhr bis 6.00 Uhr des nächsten Morgen. Mit ihrer subtilen Art nimmt leaf dem Alltag etwas Geschwindigkeit und unterstreicht das Sein im Hier und Jetzt, denn Entschleunigung und Achtsamkeit beschreiben ein erstrebenswertes Gut in der heutigen, schnelllebigen Zeit.
design by Kristin Kuntze
Tri-La – Spirituosenschrank (Slideshow)
Tri-La kombiniert, als edler Spirituosenschrank, einen innovativen Aufbau mit einzigartigem Design. Im geschlossenen Zustand bilden die Schranktüren einen in der Mitte geteilten Pyramidenstumpf. Durch diese Anordnung lassen sich die Türen zu beiden Seiten in einem 180°-Winkel öffnen. Die Innenseiten der Türen bieten genügend Platz, um unterschiedlichste Flaschen ansprechend aufzubewahren und zu präsentieren. Das kunstvoll von Hand gefertigte Muster auf der Oberfläche der Schranktüren erzeugt ein perspektivisches Spiel. Auf die Betrachtenden wirkt es, als würde sich die Front des Schrankes nach innen stülpen.
Die Inspiration, zu den dreieckigen Formen auf der Außenseite des Schranks, waren die Arbeiten des britischen Surrealisten, Patrick Hughes, der die „Reverse Perspective“ als Gestaltungsmittel nutzte.
design by Jakob Thiesbrummel
Kouti – Schatullen mit Schnitzmuster (Slideshow)
Die Produktfamilie Kouti, soll helfen der Unordnung und Ablenkung auf Tischen und Arbeitsflächen Herr zu werden.
Bei den einzelnen Elementen von Kouti handelt es sich um sechseckige Schatullen aus Massivholz. Deren Außenwände sind vollflächig beschnitzt und dienen damit nicht nur der Optik, sondern bieten auch ein ungewöhnlich, haptisches Erlebnis. Die verwendeten Hölzer sind Ahorn und Nussbaum, welche durch ihre zurückhaltenden Maserungen die handgefertigten Schnitzmuster hervorheben.
design by Michael Jasch
SH_371 – die Grubenlampe im Wohnzimmer (Slideshow)
Die Inspirationsquelle findet sich in einer früher im Bergbau üblichen Benzinlampe wieder. Sie war überlebenswichtig für die Bergleute und strahlte ein dezentes Licht ab. Die Merkmale der Zweiteiligkeit im Design und einer in der Mitte liegenden Lichtquelle ist eindeutig wiederzufinden. Das zusammen ergibt eine elegante Dreiteiligkeit. Insgesamt ordnen sich drei Leuchtenelemente an einer runden Ahornplatte an, die an der Decke montiert wird. Die gedrechselten Holzelemente sind aus Ahorn und der Glaszylinder aus satiniertem Glas. Die Schnitzereien sollen die zerklüfteten Wände in einem Schacht symbolisieren. Gedacht ist die Leuchte als klassische Esszimmerlampe. Der Name der Leuchte schlägt auch die Verbindung zum Bergbau im Erzgebirge. Er steht als Abkürzung für Schacht 371, in dem der Großvater arbeitete und damit eine Hommage an die eigene Familiengeschichte darstellt.
design by Christopher Gandalf
FK_M – Erzählung aus der Zukunft (Slideshow)
Das FK_M ist ein modulares Regalsystem, welches aus futuristische Formen und seinem systematischen Aufbau besteht.
Die Zeitreise führt in eine entfernte Zukunft, in der ein Zeitreisender in einem Raumschiff landet und verwundert ist, dass fast das gesamte Interieur, Wände, Türen, mit stumpfen Winkeln versehen sind. Mit dieser Inspiration reist er wieder in die Vergangenheit und teilt diese mit seinen Mitmenschen. Auf dieser Grundlage entstand das Regalsystem FK_M. Der Anwendungsbereich ist im Wohnzimmer, Esszimmer oder im Büro. Man kann es natürlich auch als Raumteiler benutzen und die Höhen individuell anpassen. Dies bietet Stauraum für zum Beispiel eine kleine Buchreihe oder eine Zimmerpflanze. Die schwarz gebeizte Ahorn Oberfläche sorgt für ein anmutiges und edles Ansehen. Die geschnitzten Beinelemente wurden mit dem stumpfen Winkel aus der Zukunft bespielt.
design by Dennis Neumann
Kana – Die Bank, die Brücken baut
„Dinge, die verbinden, erzählen immer eine Geschichte“. Die Sitzbank „kana“ ist eine Interpretation über das Brückenschlagen und Verbinden von zwei sich trennenden Dingen. Brücken verbinden, sind statische Wunderwerke und haben aufgrund ihrer Dimensionen einen sehr ästhetischen Anblick. Diese Aspekte spiegeln sich im Entwurf der Sitzbank wider. So erinnert das Beingestell, an typische Brückenträger, die schräg abgewinkelt zur Brückenmitte ragen. Auf diesem liegt fast schwebend die Sitzfläche, die in Bezug auf ihre Wölbung, untypisch für eine herkömmliche Bank ist, jedoch ein äußerst bequemes Sitzgefühl bietet. Ganz individuell und einzigartig wird „kana“ jedoch erst durch ihre von Hand geschnitzte Rückenlehne. Diese bezieht sich auf die gebogene Sitzfläche und erwidert die Bewegungen umgekehrter Richtung. Die geschwungene Rundung der Sitzfläche und Rückenlehne wird durch großzügige Radien am gesamten Möbelstück fortgeführt und verleiht „kana“ einen sehr weichen und ästhetischen Eindruck. Die handgeschnitzte Rückenlehne lässt sie dabei zu einem ganz individuellen und zeitgenössischen Möbelstück werden.
design by Josef Ehnert
obliq_e – Schalen in Schichten (Slideshow)
Das Schalensystem soll daran erinnern, wie Menschen unsere Natur unwiderruflich beeinflussen. Die Form ist eine abstrakte Interpretation von natürlichen Felsformationen. Die Schalenfamilie besteht aus drei Objekten, welche in Größe und Form aufeinander abgestimmt sind. Dies ermöglicht es, die Schalen platzsparend ineinander zu stapeln. Die obere Schale kann außerdem umgedreht als Abdeckung der jeweils unteren dienen.
Das Schnitzmuster deformiert bewusst an einigen Stellen die Kante. Der Umriss stellt die Landesgrenze von Bosnien-Herzegowina dar und wird beim Zusammenstapeln vervollständigt. Es gibt auch zahlreiche andere Möglichkeiten die Schalen zusammenzustellen und unterschiedliche „Looks“ zu kreieren. Durch das dunkle Nussbaumholz tritt das Muster nicht zu sehr in den Vordergrund und bildet eine harmonische Einheit mit dem Objekt.
design by Josua Sobe
SOLUNA – Leuchten mit Geschichten (Slideshow)
Die Leuchtenserie SOLUNA entstand in der Auseinandersetzung mit der Sehnsucht nach dem Licht, welche ein Bergmann empfunden haben musste.
Das Schnitzmuster, auf den von Hand gedrechselten Lampenschirmen, ist inspiriert von dem Funkeln, welches entsteht, wenn Sonnenstrahlen die Wasseroberfläche berühren, als eine einprägende Erinnerung des Bergmanns an seine Zeit außerhalb des Schachtes.
Untertage, umgeben von Gestein, findet sich auch dieses Material in den Lampen wider. Der ebenfalls von Hand gedrehte Alabaster wird durchleuchtet und ähnelt einer Mondlandschaft. So verbindet SOLUNA, SOL- für Sonne und Luna- für Mond, diese zwei natürlichen Lichtquellen.
design by Emmelie Kunz
Transition – vom Schatten ins Licht (Slideshow)
Transition greift die Verwandlung vom Negativen ins Positive auf und spiegelt dies in sehr reduzierter Erscheinung wider. Die Schnitzereien sollen hypothetisch den Übergang vom Dunklen ins Helle ebnen. Dieser Moment steht sinnbildlich, für die Veränderung der Städte Konjic und Schneeberg und deren Gemeinsamkeit, die Schnitzkunst. Gefertigt ist das komplette Möbel aus Ahorn.
design by Mira Müller
AUSZEIT – an der Theke zu Hause (Slideshow)
Zeit als Grundstein der handwerklichen Tradition ZANAT’s, als Voraussetzung für die langsam wachsende Ressource Holz, als geduldige Antwort auf eine schnelle Epoche. All dies prägte das Design von AUSZEIT. Leichte Kerben fangen in dem beschnitzten Barstuhl das Licht vor Küchentresen und Theken, laden zur Berührung ein. Hier ist das Möbel Zuhause – in einladenden Umgebungen, die dazu überreden ein wenig Zeit zu verbringen. Ein bisschen sieht man den schmalen Beinen noch die Stämme an, aus denen sie geschnitten wurden. Teils verrundet wachsen sie hoch hinauf, öffnen sie sich in die Sitzfläche. Großzügige Rundungen, begrenzt durch klare Kanten – das Prinzip zeigt sich auch in Sitz und Lehne. Handwerk und das Material Holz werden in dem beschnitzten Möbel zu einer geduldigen Meditation: Zeitreise im langsamen Wachstum der Bäume, auf die einzig mögliche Art und Weise: durch Warten.
design by Jan-Erik Schützhold
Autorin: Kristin Kuntze
Gepostet in Holz