Wir sitzen zu Hause als uns die Email mit der neuen Aufgabenstellung für unser zweites Semester erreicht. AKS 323 Produktkommunikation „Tradition + Moderne, Opulenz als Stilmittel, Neue? Rituale der Weihnachtszeit“ ist die Überschrift und ein erster Impuls – Der Start in ein neues Semester. Es ist der Beginn von Corona. Nach den Wintersemesterferien geht es nicht wie geplant wieder zurück in die Hochschule. Manche bleiben bei ihren Familien, manche kehren in ihre Wohnung in Schneeberg zurück, aber keinem ist es möglich dem gewohnten Hochschulalltag nachzugehen.

Dann haben wir die erste Onlinekonsultation in „Raum 18“ von Big Blue Button – einer der vielen Webkonferenz Anbieter. Diese Art der Konsultation ist neu. Neben technischen Schwierigkeiten ist es auch eine vollkommen andere Art der Präsentation. Alles ist digital. Ein komisches Gefühl mit Menschen zu reden, aber oft ihre Gesichter nicht zu sehen. Ein sehr anonymer Semesterstart. Auch als wir das erste Mal Juliane Kröner kennenlernen und sie sich, durch ein kleines Bild auf unserem Laptop sichtbar, der Konferenz zuschaltet. Frau Kröner ist das Gesicht unseres Praxispartners, der Dregeno in Seiffen im Erzgebirge. Durch Sie erreichte uns ein erster Vorgeschmack und ein kleiner Einblick ins Erzgebirge in Form einer großen Kiste, die uns per Post zugeschickt wurde. Es war eine Kiste voll mit Überbleibseln der Spielzeug- und Weihnachtsproduktion in Seiffen. Manche Dinge konnte man sogar noch zu ihrer eigentlichen Funktion zuordnen – das musste der Hut eines Schneemanns sein, oder das ein Osterei. Für uns war es ein Anfang, raus aus dem Digitalen. Wir nutzen die Kiste, fügten die traditionellen Teile zu neuen Formen zusammen und gaben Ihnen eine neue Funktion. Ergebnisse besprachen wir weiterhin in online Konsultationen. Durch weitere Coronalockerungen war es uns nach Wochen möglich ein erstes Zusammentreffen in Seiffen zu ermöglichen. Mit Masken bewaffnet und mit gebührenden Mindestabstand versammelten wir uns vor dem Spielzeugmuseum. Der Plan: Wir sollten Seiffen und die erzgebirgischen Spinnen, mit all der Tradition und Geschichte, aber auch die Gegenwart und Zukunftsvorstellungen und Wünsche der Seiffener besser kennenlernen.

Eine dieser Zukunftsvisionen lernten wir im Laufe des Tages in Form der „Denkstatt“ kennen. Wir fuhren vom Spielzeugmuseum und dem Seiffener Zentrum nur ein paar Minuten und hielten vor einem Dreiseitenhof. Umgeben von Wiesen und Feldern. Das ist das Zuhause von Familie Bieber und der Ort, an dem Wolfgang Braun die „Denkstatt“ ins Leben gerufen hat. Es ist ein Ort für jeden, der Lust hat kreativ zu werden, Seiffen kennenzulernen und sich mit den Menschen dort zu vernetzten. Die Hoffnung ist es, wieder mehr Menschen für Seiffen zu begeistern und die kleine Stadt auch für zukünftige Generationen attraktiv zu machen. Für Leute wie uns. Die „Denkstatt“ ist ein warmer Ort. Ausgestattet mit allem, was man braucht. Von Kaffee bis zur Bandsäge. Unter der Betreuung von Juliane Kröner, Wolfgang Braun, Herr Krohs und Frau Prof. Vent haben wir dort zwei kreative Tage verbracht, in denen wir unsere Entwürfe weiterentwickelt haben. Für uns eine wunderbare Abwechslung. Wir konnten wieder handwerklich an den so lange vermissten Maschinen arbeiten und anfangen unsere Ideen und Vorstellungen in die Realität umzusetzen. Nach diesen Tagen war klar, wir wollen wieder kommen. Also selber Ort, selbe Zeit nur eine Woche später. Diesmal für drei Tage und mit Übernachtung. Nach der Anreise aus Schneeberg, Zwickau und Dresden folgte ein produktiver erster Tag der damit endete, dass wir alle zusammen im Garten am Tisch saßen und Gegrilltes aßen während wir beobachteten, wie die Sonne hinter dem Hügel verschwand. Untergekommen sind wir im Gartenhäuschen der Familie Bieber und der Hahnenschrei weckte uns am nächsten Morgen. Auf in den nächsten Tag! Wir arbeiteten an unseren Leuchtern, lernten mit dem Besuch bei der Reifendreherwerksatt Werner einen neuen Teil Seiffens kennen und der Abschluss des Tages war wieder ein gemütliches Zusammensitzen am Lagerfeuer. Es gesellten sich auch noch weiter Gäste aus Seiffen zu uns. Knüppelbrot essend tauschten wir Geschichte aus. Geschichten über Seiffen, Geschichten über Schneeberg, Geschichten über uns. Ein schöner Abschluss.

Das nächste Wiedersehen sollte erst zur Prüfung sein. Wieder zu Hause arbeiteten wir fleißig, soweit wir die Möglichkeiten hatten, an unseren Modellen weiter. Einmal mehr verwandelten wir unsere Zimmer in Werkstätten. Und dann war es soweit, der Tag der Prüfung. Wir reisten an und bauten unsere Modelle in der dafür hergerichteten Scheune auf. Die Perfekte Location. Alle Fenster abgedunkelt, wurde sie nur durch unsere fertigen Leuchten erleuchtet. Ein belohnender Moment für uns alle. Nachdem Gäste und Prüfer angekommen waren, durften wir unsere Leuchter vorstellen. Für die Prüfung projizierten wir unsere Präsentation an die Scheunenwand und redeten über den Entstehungsprozess, Gedanken und Zukunftspläne. Eine Frage kam oft in der Prüfung. Was wäre wenn Sie eine Werkstatt zur Verfügung hätten? Was würden Sie noch ändern/ verbessern? Denn wir mussten größtenteils ohne eine Werkstatt zu Ergebnissen kommen, weshalb wir neue Wege fanden und viel improvisierten. Bei Vielen ist der Entwicklungsprozess noch nicht am Ende. Dennoch hat gerade diese neue Situation das Semester zu einem speziellen gemacht. Und eins ist sicher, ohne die Hilfe und die Zusammenarbeit mit der „Denkstatt“ und Juliane Kröner von der Dregeno hätten wir nicht zu so tollen Ergebnissen kommen können. Der Abschluss des Ganzen war dort, wo unsere Reise durch Seiffen auch begonnen hat – im Seiffener Spielzeugmuseum, wo man unsere fertigen Leuchter bis November bewundern kann.

Autor: Clara Meinhold
Gepostet in Holz